Der Scout

Dunkelheit umgab Andrej. Er sah sich um.

Was war das für ein Geräusch gewesen?

Verflucht dachte er warum habe ich nicht daran gedacht, einen Restlichtverstärker mitzunehmen?

Auf C367, dem neu entdeckten Planteten Gamma-Sektors, den er gerade erkundete, war es normal, dass es fast durchgehend dicht bewölkt war. Der Planet bestand fast ausschließlich aus Wasser. Die dadurch extrem große Verdunstung sorgte dafür, dass die Luftfeuchtigkeit gleichbleibend hoch war.

Damit bildeten sich in den höheren Atmosphärenschichten fast immer dichte Wolken. An ganz schlimmen Tagen war es sogar tagsüber so dunkel, dass später einmal die Beleuchtungen in den Städten würden eingeschaltet werden müssen. Heute war es eigentlich vergleichsweise klar.

Aber es war Nacht und die noch immer vorhandenen Wolken sorgten dafür, dass weder Sternen- noch Mondlicht bis zur Oberfläche durchdrang. Sicherlich, es gab sogar zwei Monde, doch diese waren nur äußerst selten auch zu sehen.

Diese Fakten interessierten Andrej aber aktuell nicht. Er gehörte zum kleinen Prospektorenteam der RaC Inc. (Research and Colonisation Incorporate).

Es war beschlossen worden, auf R367 zu siedeln und er gehörte zu den wenigen verwegenen Personen, die dafür da waren, Planeten genauer zu untersuchen. Sein Schiff lag einige Kilometer entfernt auf einem kleinen Felsplateau.

Vorhin hatte er ein Stück entfernt ein großes Vorkommen des seltenen und höchst kostbaren teilorganischen Stoffes Metatitanium entdeckt.

Jetzt lag es an ihm, schnell zu seinem Schiff zu kommen und es zu katalogisieren und zu melden. Einige weitere Privatscouts waren unterwegs und wer ein solches Vorkommen entdeckte und meldete, dem standen Dividenden vom Wert des Abbaus zu.

Das Vorkommen, welches er hier gefunden hatte, war so reichhaltig, dass er sich vielleicht sogar würde zur Ruhe setzen können. Auch deshalb musste er auf der Hut sein. Solche Verhältnisse lockten auch Neider an…

Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell dunkel werden würde, daher hatte er kaum Ausrüstung für die Nacht mitgenommen. Seine Aufgabe auf dieser Insel war es, nach Rohstoffvorkommen zu suchen und die heimische Flora und Fauna zu untersuchen.

Normalerweise gehörte er zu den Besten seines Faches und geriet fast nie in Gefahr. Doch heute hatte er einen Fehler gemacht. Es war bekannt, dass es auf dem Planeten durchaus eine ausgeprägte Fauna gab.

Die Ozeane wimmelten ohnehin von Leben und es war nicht zu empfehlen, hier schwimmen zu gehen. Besonders Torpedofische hatten einem menschlichen Leben schneller ein Ende gemacht, als man es für möglich hielte. Natürlich waren die Torpedofische keine wirklichen Fische. Die Fauna auf diesem Planeten war nicht mit der irdischen zu vergleichen.

Am ehesten ähnelten sie eigentlich den irdischen Kalmaren. Sie saugten am Kopfende Wasser ein, welches sie am hinteren Ende ihres tropfenförmigen Leibes ausstießen. Doch sie waren fast fünf Meter lang und ihr Außenskelett bestand aus einer dicken, chitinähnlichen Schicht, deren Härtegrad sich jedoch mit den modernsten Panzerkunststoffen messen konnte. Außen auf diesem Skelett lag eine hauchdünne Schicht eines Stoffes, der am ehesten mit den Fasern eines Spinnennetzes vergleichbar war. Diese fasern, die unterhalb des Panzers geschlossen waren, rotierten beim Schwimmen um den gesamten Panzer. Damit wurde das Wasser um den Leib geleitet und der Widerstand ging gegen Null. Somit erreichten sie eine Geschwindigkeit von beinahe 180 Kilometern in der Stunde!

Eine solche Geschwindigkeit wurde auf der Erde nur von wenigen Vögeln erreicht! Die Schnauze der Torpedofische bestand aus Hornplatten. Diese wurden unentwegt so aneinander gerieben, dass der Effekt dem ähnelte, mit dem man Messer schleift. Die Platten, deren Härtegrad natürlich der gleiche war, wie der des Panzers, waren scharf wie Rasiermesser.

Erste Versuche hatten ergeben, dass es kaum ein Material gab, das dem Biss eines solchen Tieres gewachsen war. Die Torpedofische waren also ein gutes Beispiel dafür, wie die Fauna hier aufgebaut war. Zwar gab es kein Tier, welches wirklich intelligent war, doch sie waren alle schnell, groß und gefräßig.

Doch nicht nur im Wasser herrschte diese Art Lebewesen vor, auch an Land gab es solche Kreaturen. Gefährlich waren zum Beispiel die Flugquallen. Diese Tiere, deren äußeres Erscheinungsbild dem von irdischen Quallen ähnelte, führten in ihrem Körper Elektrolyse aus.

Damit entstand sowohl der reine Sauerstoff, den sie atmeten, als auch Wasserstoff. Mit diesem füllten sie ein Organ, das am ehesten einer Schwimmblase vergleichbar war. Sie flogen nach dem Prinzip von Zeppelinen. Doch gefährlich waren sie nur nachts. Tagsüber drohten sie auszutrocknen und zogen sich in Höhlen zurück. In der Nacht aber ließen sie sich umher treiben. Hatten ihre tastenden bis zur vierzig Meter langen Tentakeln ein Opfer gefunden, dann zogen sie sich blitzartig heran und stülpten ihren Magen darüber.

Die darin enthaltenen Säuren, die für die hier üblichen Außenskelette ausgelegt waren, zersetzten einen Menschen in nur einer Minute komplett. Noch hatte es zwar keine Opfer gegeben – er war einer der ersten Menschen, die diesen Planeten betraten – doch man hatte Versuche mit Schweinefleisch gemacht, welches dem Menschlichen ja recht ähnlich ist. Der Trost, dass irgendein Stoff – noch hatte man ihn nicht identifizieren können – in irdischen Proteinen die Quallen tötete, und zwar nach wenigen Minuten, half nicht und war auch nur ein sehr schwacher Trost.

Einzige Verteidigung gegen diese Tiere war, bei der leisesten Berührung sofort den fraglichen Tentakel abzuschießen, bevor weitere nachgeführt werden konnten. Doch die Schwierigkeit dabei war, dass die Quallen bei Gefahr einen Teil des in ihnen mitgeführten Wasserstoffs ausstießen und mit Hilfe eines Funkens, den sie in ihrem Elektroorgan erzeugten, in Brand setzten. Somit wurde man von einem natürlichen Flammenwerfer angegriffen.

An solcherlei Gefahren dachte Andrej, während er vorsichtig weiter ging. Pflanzen im eigentlichen Sinne gab es hier nicht. Nur bewegliche Lebewesen, die eine Art Blätter hatten. Allerdings waren diese rötlich oder bräunlich. Da das Licht nur selten wirklich durch die Wolken brach war Grün hier nicht die Farbe der Wahl. Die Verhältnisse ähnelten eher denen in einigen Metern Meerestiefe auf der Erde. So war auch die Meeresoberfläche ein einziger Teppich aus Braunalgen. Die hiesigen „Pflanzen“ jedoch gehörten allesamt zu solchen Arten, die auch jagten. Die meisten waren nicht sonderlich schnell, dafür aber umso kräftiger.

Man musste sich also vor jeder Art Lebewesen hier in Acht nehmen. Ebenso natürlich wie vor anderen Scouts. Er hatte beim Überfliegen der Insel eine verwehende Ionenspur ausgemacht. Das bedeutete, dass nicht all zu lange vor ihm ein anderes Schiff in der Nähe gelandet sein musste. Der darin befindliche Scout konnte freundlich und friedlich sein, aber auch ein brutaler Dieb und Mörder.

Langsam und vorsichtig tastete er sich vorwärts. Er wusste, dass er sich in der Nähe der Klippen befand, die steil zum Meer hin abfielen. Ein Sturz würde ihn auf R367 zwar vermutlich nicht umbringen, da die Schwerkraft nur etwa 0,55 g betrug, doch die Lebewesen im Wasser ließen vermutlich keinen Menschen mehr lebend – noch weniger unversehrt – hinaus…

Es war eine schöne Welt, aber auch eine gefährliche!

In Gedanken fluchte Andrej vor sich hin. Nicht einmal eine Lampe hatte er dabei. Nur das wenige Licht seines Ortungsgerätes half ihm. Es war nicht hell und trug nicht weit, aber es wirkte wie eine kleine Taschenlampe, da seine Augen an fast völlige Dunkelheit gewöhnt waren. Der 25 cm² große Bildschirm des Gerätes war zwar nicht heller als das Display eines normalen Mobiltelefons oder eines vergleichbaren Gerätes, aber im Vergleich zur Umgebung unglaublich hell.

Außerdem konnte er darauf auf den Zentimeter genau sehen, wo er sich befand. Er war noch etwa drei Kilometer von seinem Schiff entfernt. Die Klippe lag etwa vier Meter rechts von ihm.

Mühsam starrte er in die Dunkelheit, doch er vermochte sie nicht zu durchdringen. Plötzlich hörte er einige Meter neben sich ein Klicken, gefolgt von einem leichten scheppern. So, als fiele eine dünne Metallplatte auf den steinigen Boden. Sofort schaltete er den Navigationscomputer aus und kauerte sich atemlos auf den Boden.

Ihm war, als hörte er ein unterdrücktes Fluchen, doch leider war das nicht genau zu verstehen. Zu sehr rauschte die Brandung. Er packte den Fusionsstrahler fester. Langsam, jedes Geräusch vermeidend kroch er vorwärts. Ihm war, als sähe er eine Bewegung vor sich. Einige Meter entfernt.

Ein Schatten, der noch dunkler war, als der Rest der Umgebung. Oder täuschte er sich?

Sein erster Impuls war, anzulegen und einfach zu schießen. Doch nicht jeder Konkurrent war auch sein Feind. Er konnte doch, bei allem Wert und Geld nicht einfach einen Menschen erschießen!

Sollte er ihn anrufen? Nein, das würde auch nur Probleme geben. Wenn es doch ein eher zwielichtiger Charakter war, dann hatte er sein Leben verwirkt. So saß er da und lauschte atemlos. Doch nichts rührte sich. Seine Nerven waren bis aufs äußerste gespannt.

Und das war gut so! Vermutlich hätte er andernfalls die minimale Berührung am linken Ärmel nicht bemerkt. Ein leichter Ruck folgte.

Eine Qualle!!!!

Blitzschnell hob er den Arm, drückte den Feuerknopf durch und beschrieb eine Linie. Er überzeugte sich nicht davon, den Tentakel getrennt zu haben, sondern warf sich mit einem Satz zur Seite. Bei der minimalen Schwerkraft des Planeten flog er weit. Gott sei Dank war er so geistesgegenwärtig gewesen, von den Klippen weg zu springen. Aber er wollte und wollte nicht landen. Doch so lange ihm sein Flug erschien, er musste sehr schnell vonstatten gegangen sein. Während er noch segelte – er sah die Furche glühenden Gesteins, welche seine Waffe aufgerissen hatte in der Ferne (vielleicht 20 Meter entfernt) leuchten – loderte hinter ihm ein Feuer auf.

Fast im selben Moment wurde die Stelle, von der er geschossen hatte unter Feuer genommen. Ein blasser, rötlicher Strahl wurde Z-förmig geführt. Und noch ehe sich die Flammen der Qualle richtig entfalten konnten wurde sie von dem Strahl erfasst. Gerade noch rechtzeitig schloss er die Augen, denn er wusste, was jetzt geschehen würde!

Eine laute, und grelle Explosion zerriss die Nacht. Der Strahl hatte die Blase getroffen, in der die Quallen den Wasserstoff speicherten. Die Hitze hatte das Gas entzündet und das Wesen war in einer Explosion vergangen.

Eine Qualle jedoch war bis zu sechs Meter groß! Sie fasste große Mengen Gas und derart stark war auch die Explosion! Sie entsprach in etwa einer Granate, wenn auch ohne die Splitterwirkung.

Mit geschlossenen Augen und ohne Orientierung segelte er weiter. Die Druckwelle der Explosion trug ihn noch ein Stück fort. Dann schlug er hart auf. Seine Schulter prallte gegen einen großen Stein und er konnte sich ein lautes Aufstöhnen nicht verkneifen.

Er hatte durch den lauten Knall ein Pfeifen in den Ohren, war trotz geschlossener Augen geblendet und kugelte weiter. Sein Knie prallte auf den Boden auf und er hatte das Gefühl, jemand würde mit einem Hammer seine Kniescheibe bearbeiten. Dann kam er zum Liegen.

Er bemühte sich, so wenig wie möglich Lärm zu machen. Doch offenbar hatte der Gegner entweder sein Stöhnen oder seinen Sturz gehört. Eine wilde, aber dennoch wohlüberlegte Folge von Feuerstößen deckte seine Position ein. Er warf sich erneut zur Seite. Diesmal jedoch etwas flacher und kontrollierter.

Mit ausgestreckten Armen schwebte er beinahe dahin und bekam einen großen Felsbrocken zu fassen.

Er versteckte sich dahinter und lugte vorsichtig hervor.

Die Strahlen des Feindes hatten ebenfalls glühende Striemen in den felsigen Untergrund gezogen. Durch das Muster, welches er geschossen hatte liefen die Verlängerungen der Bahnen in einem Punkt zusammen. Die furchen leuchteten dunkelrot und wiesen in ihrem Schnittpunkt den Standort des Gegners aus. Er konnte also eine Art Dreieckspeilung durchführen. Dies alles erfasste Andrej in Bruchteilen von Sekunden. Dann schätzte er den Standort des Gegners und schoss seinerseits ein Suchraster. Er hörte einen Schmerzensschrei – wenn auch mühsam unterdrückt.

Ha! Dachte er seit einer Generation macht meine ganze Familie diesen Job! Da werde ich doch nicht so leicht draufgehen. Da siehst du, was du davon hast!

Diesmal ließ er sich jedoch von dem Gedanken nicht stören. Er hörte ein leichtes rumpeln. Offenbar war der Typ wie er zuvor zur nächsten Deckung gesprungen. Er schoss weiter rechts. Ja, da traf er einen größeren Brocken. Noch ein paar Schüsse, dann würde er das Feuer zunächst einstellen müssen, um seine Waffe nicht zu überhitzen.

Er schoss und als das gelbe Warnlämpchen aufblinkte, das vor Überhitzung warnte duckte er sich tief hinter seine Deckung.

Darauf hatte der Gegner gewartet.

Sofort eröffnete er seinerseits das Feuer.

Andrej duckte sich noch tiefer hinter den Fels, manchmal spritzte ein Tröpfchen glühenden Gesteins auf seinen Overall. Gott sei Dank bestand dieser aus feuerfestem Material!

Doch er musste wissen, was der andere machte. Den Kopf konnte er nicht über die Deckung heben. Daher nahm er den kleinen Spiegel, den er bei sich hatte und hob ihn so eben über den Rand, so dass er sehen konnte. Die Chance, dass der Gegner den Spiegel und damit ihn traf war gering und er musste das Risiko eingehen.

Wenn nämlich der Andere sich entschloss, seine Deckung zu verlassen, und näher zu kommen, dann musste er das dringend bemerken. War er einmal heran, dann gab es keine Abwehrmöglichkeit mehr. Sah er aber den herannahenden Feind früh genug, dann reichte ein einziger gezielter Schuss zum Sieg! Immer wieder sah er die blassen Strahlen auf sich zukommen. Jedes Mal spritzte irgendwo in der Nähe kochendes Gestein hoch.

Gleich musste auch die Waffe des Anderen zu heiß werden.

Und tatsächlich. Das Feuer wurde eingestellt.

Beide Kontrahenten warteten auf einen Fehler des Anderen. Das gelbe Warnlicht erlosch und Andrej lugte vorsichtig über seine Deckung. Er brachte alle Konzentration auf, derer er fähig war.

Er hob die Waffe und richtete sie in die Dunkelheit, bereit, beim kleinsten Ziel zu schießen. Plötzlich hörte er ein Geräusch. So, als träte jemand gegen einen kleinen Stein, der leise klickernd davon flog.

Für seine zum zerreißen gespannten Nerven war das minimale Geräusch wie ein Gongschlag. Noch ehe er jedoch realisieren konnte, was passierte, schlug ein Strahl genau vor ihm in den Fels. Glühendes Gestein spritzte auf und verbrannte ihm die Hand, in der er die Waffe hielt. Er schrie auf und ließ vor Schreck seine Pistole fallen. Kaum hörte er den Aufschlag der Waffe, da wusste er, dass er verloren war. In dieser Dunkelheit würde er sie niemals früh genug wieder finden.

Ihm blieb nur, sich völlig still zu verhalten und der vagen Hoffnung hinzugeben, dass der Gegner ihn einfach nicht fand! Dunkel wie es war konnte dieser sich nur auf sein Gehör verlassen. Licht konnte er nicht einschalten – so er eine Lampe hatte – denn dann musste er damit rechnen, ein perfektes Ziel abzugeben.

Der Andere konnte ja nicht wissen, dass er, Andrej, die Waffe verloren hatte. Also duckte er sich tief hinter den Stein und bemühte sich, so leise wie möglich zu atmen. Der Andere sprintete im Zickzack auf ihn zu und schoss Sturmfeuer. Jeder Sprung wurde von einem Schuss begleitet. Die Streuung war groß und er begann zu hoffen, dass der Gegner die Orientierung verlor.

Doch die Wahrscheinlichkeit dazu war gering. Das wusste Andrej.

Plötzlich loderte ein Feuer auf. Erschrocken schloss Andrej die Augen. Er höre einen Schreckens- oder Schmerzensschrei. Dann mehrere Schüsse, die aber nicht in seine Richtung gingen, gefolgt von einer erneuten gewaltigen Explosion. Kaum war diese vorbei, da sah er über seine Deckung. Im letzten Schein der brennenden Gewebestücke des soeben explodierten Quallenwesens sah er, wie ein menschlicher Schemen über den Rand der Klippe segelte.

Ein langgezogener Schrei begleitete den Fall des Kontrahenten in die Tiefe. Er vermeinte ein Klatschen zu hören, konnte sich aber auch täuschen. Doch dann hörte er einen gellenden Schrei. Das war nicht nur Schreck, das war keine Angst, das war Panik!

Blanke Todesangst. Ganz abrupt endete der Schrei. Offenbar hatte sich irgendeines der hiesigen Seemonster den Mann geholt.

Als sich Andrej vorstellte, wie der Körper eines Menschen soeben von einem Wesen wie dem Torpedofisch zerfetzt wurde würgte es ihn. Vorsichtig tastete er nach seiner Waffe. Er überlegte, was eigentlich passiert war. Offenbar hatte er großes Glück gehabt. Der Gegner musste mit seinem Sturmfeuer einen Tentakel eines zweiten Quallenwesens getroffen haben. Dieses hatte mit einem Feuerstoss reagiert und den Angreifer offenbar extrem erschreckt. Darauf musste sich dieser reflexartig zur Seite geworfen haben und ebenso automatisch den Fehler gemacht haben, auf das Wesen zu schießen.

Als er es traf trug ihn die Druckwelle der Explosion ebenso weiter, wie zuvor Andrej selbst. Damit war er über die Klippen und ins sichere Verderben geschleudert worden. Eine unglaubliche Aneinanderreihung von Zufällen.

Andrej musste einen starken Schutzengel gehabt haben!

Erleichtert prüfte er seine Ausrüstung. Offenbar hatte sie alles überstanden. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Schiff. Kaum war er einige Hundert Meter gegangen, da sah er im fahlen Schein seines Navigationscomputers eine Bahn glasierten Gesteins vor sich.

Er wusste, was das bedeutete.

Hier war ein Schiff gelandet!

Das Schiff des Gegners!

Wenn er das erreichte, dann war er in Sicherheit. Am nächsten Morgen konnte er sich dann wesentlich unbesorgter auf den Weg zu seinem eigenen Raumgefährt machen!

Kaum war er der Spur einige Meter gefolgt, da sah er das Leuchten einer Kontrollleuchte. Es handelte sich ganz offenbar um dasselbe Modell, welches er auch benutzte. Er kam an das Schott.

Doch wie sollte er es öffnen?

Die Verriegelungsmechanismen reagierten auf Handabdrücke. Darauf konnte er also nicht setzen. Er versuchte Einiges, das Schott auf zu bekommen. Doch nicht einmal ein Schuf aus der Fusionswaffe half.

Wütend hieb er mit der flachen Hand gegen die Bordwand – und traf genau den Sensor.

Zischend öffnete sich das Schott.

Verdutzt blickte Andrej in das Schiff. Das Licht hatte sich angeschaltet und er konnte sehen, dass seine Hand tatsächlich auf dem Sensor lag. Sollte die Erschütterung gereicht haben, den Mechanismus kurzzuschließen?

Gab es solche Zufälle?

Sollte sein Handabdruck dem des Gegners so ähnlich sein, dass der Computer sich irrte?

Das konnte eigentlich nicht sein. Hatte er eine Legitimation für dieses Schiff?

Wohl kaum!

Hinter sich hörte er ein Pfeifen. Offenbar hatte irgendein hiesiges Tier das Licht gesehen und war nun begierig, zu sehen, was hier denn war. Schnell trat er ein und betätigte den Schließmechanismus. Erleichtert atmete er auf, als sich das Schott problemlos wieder schloss. Dann sah er sich um. Das Schiff war anders eingerichtet als seines, aber es kam ihn dennoch irgendwie bekannt vor.

Irritiert blickte er sich um. Normal achteten die Scouts sehr auf Individualität. Niemand würde sein Schiff so ähnlich einrichten, wie ein anderer! Es handelte sich um ein kleines Einmann – Expeditionsschiff. Die Zentrale war ganz vorne. Dahinter lag der Ausrüstungsraum, an den die Kombüse angeschlossen war (die aber nur so groß war wie ein Kleiderschrank und seitlich im Ausrüstungsraum lag).

Auch war das Schott in diesem Raum. Er blickte also geradewegs auf die Kombüse. Rechts von ihm, also hinter dem besagten Raum, ging es in den Wohnraum und dahinter lag der Maschinenraum. Und jeder hatte wie gesagt seinen eigenen Stil, alles einzurichten.

Warum aber kam ihm dieses Schiff dann so bekannt vor?

Er zermarterte sich das Hirn, als er in den Wohnraum trat. Sofort schaltete sich auch hier das Licht ein.

Andrej stand fassungslos vor seinem eigenen Foto! SEIN Foto hing hier an der Wand. Direkt daneben eines seines Vaters und eines seiner Mutter!

Seine Knie wurden weich.

Schluchzend brach er zusammen. Deshalb also kam ihm dieses Schiff so bekannt vor! Er wusste jetzt, wer der Gegner gewesen war. Er wusste, warum er für den Eingang legitimiert war!

Es war niemand anders als Vladimir gewesen!

Er hatte…

…seinen Bruder getötet.

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