Demokratie? Wohl eher Oligarchie, oder?!

Langsam wird mir angst und bange, wenn ich an den 23. Februar denke. Und vor allem an die Zeit danach. Kurz vorher dürfen wir in den USA den Beginn von Teil II der schlechten Politparodie bestaunen, die die Menschheit wohl jemals gesehen hat. Und dann kommt unsere Bundestagswahl. Mit aktuell starken Umfragen für AfD und BSW, sprich, Demagogen, Antidemokraten und Leute, die einen Verbrecher wie Putin für ne dufte Type halten. Ja, ich denke, dass generell Russland in den vergangenen 30 Jahren oft falsch vom Westen behandelt wurde. Ich denke, man hätte bis 2014 viel mehr mit ihnen zusammen arbeiten müssen. Und mit vielen anderen Ländern. Aber das rechtfertigt nicht im geringsten, einen Krieg anzufangen, wie wir ihn erleben. Und schon gar nicht WIE dieser Krieg geführt wird. Jeder, der das als gut und richtig ansieht, der hat sich in meinen Augen für jeden Demokraten abschließend disqualifiziert. Und dabei spielt übrigens überhaupt keine Rolle, was im Umgang mit Russland gut oder falsch gemacht wurde. Wer in dieser Form einen souveränen Nachbarn angreift (übrigens nachdem der aus freien Stücken und gegen ewige Garantien an eben dieses Russland seine Nuklearpotenziale abgegeben hat, wird gern mal vergessen), der hat sich eben schlicht disqualifiziert. Schlicht und ergreifend: Der Schulhofschläger darf nicht gewinnen. Egal wie. Und nochmal: Dabei geht es überhaupt nicht darum, was in der Ukraine vorher oder jetzt gut oder schlecht läuft oder lief. Und ähnlich ist es auch bei anderen Dingen.

Wer bestimmt die Umfragen?

Aber das nur nebenbei. Eigentlich soll es hier nicht um Putin und auch nicht eigentlich um AfD oder BSW gehen, sondern um unsere Demokratie an sich. Und langsam sehe ich die wirklich in Gefahr. Und das WEIT über Deutschland hinaus. Die Frage ist, ob wir überhaupt noch eine solche haben. Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob beispielsweise Donald Trump in den USA hätte gewinnen können, wenn nicht Elon Musk ihn unterstützt hätte. Als Posterboy, aber auch mit Maßnahmen, die mindestens an der Grenze zum Wahlbetrug sind. Leuten Geld für Stimmen zu geben, das ist mehr als grenzwertig. Am Ende war es in den USA je nach Betrachtung eher ein Popularitätswettbewerb Musk gegen Swift als Trump gegen Harris. Wenn jetzt aber Menschen mit Vermögen im Milliardenbereich die Politik final bestimmen, dann nennt man das eben nicht mehr Demokratie, sondern Oligarchie. In den USA hat spätestens diese Wahl gezeigt, wie weit diese fortgeschritten ist. Und dass Trump jetzt im Prinzip von vorn weg seine größten Spender zu Ministerinnen und Ministern macht, legt das auch noch unfassbar plakativ offen. Eigentlich ist es ein Schlag in die Fresse für jeden, der es mit der Demokratie hält. Und das Schlimmste ist, dass sich daran nichtmal jemand zu stören scheint. Ich habe das Gefühl, dass hier in Deutschland mehr Aufregung darüber herrscht, als in den ganzen USA zusammen. Vermutlich, weil die ganzen Stormtrumper gar nicht begreifen, was da gerade passiert und ihrem Messias einfach alles glauben, was er erzählt und auf der anderen Seite die Demokraten schlicht resignieren. So weit so schlecht.

Die Oligarchen kommen über den Teich

Was jetzt aber katastrophal ist, zumindest in meinen Augen, ist, dass die Oligarchen jetzt auch offen über den Teich kommen und hier die Politik offen beeinflussen. Dass sie das längst im Verborgenen tun, ist kein Geheimnis. Facebook, insbesondere Twitter (oder X) und Tiktok sind ein el Dorado für Rechte gleich welcher Couleur. Gerade die AfD hat dort eine Verbreitung, die größer ist, als alle demokratischen Parteien sie zusammen haben. Und das wirkt sich aus. Gerade junge WählerInnen wählen diese Faschisten vor allem, weil sie eben die flachen Phrasen in einer Tour um die Ohren gehauen kriegen und nicht die Medienkompetenz haben, die Sachen auch zu hinterfragen. Die Erläuterung ist meist komplex und langwierig. Ein „Ausländer raus, dann geht’s uns allen gut“ oder „Deutsche sind halt die besseren Menschen“ oder ähnlicher Unsinn ist eben schnell gesagt und schnell verinnerlicht. Und natürlich stecken dahinter dann auch ziemlich ausgeklügelte Strategien. Cambridge Analytics anybody?! Jetzt aber zünden die Oligarchen offen die nächste Stufe. Elon Musk hat jetzt in der „Welt“ einen Gastbeitrag abdrucken dürfen. Mit ziemlich kruden Thesen zur AfD, in denen er diese Blitzbirnen als „letzte Hoffnung für Deutschland“ bezeichnet. Und jetzt kommen wir zum eigentlich Kern des Problems: Seiner Begründung. Der Text, den ich leider selbst nur in Auszügen kenne, weil er hinter einer Paywall ist und ich lieber nackt die Antarktis durchqueren würde, als der Welt für diese „Leistung“ auch nur einen Cent hinterher zu werfen, soll recht flach sein. Aber die Kernaussage ist – so ist allenthalben zu lesen – dass die AfD insbesondere in der Wirtschaftspolitik die richtigen Ansätze habe. Nun, was sind die Ansätze der AfD? Kurz gesagt: Steuern für Reiche runter, Steuern für Arme rauf bzw. Transferleistungen runter. Also eine Umverteilung von unten nach Oben. Als wären über 400 Milliarden Euro Privatvermögen für Musk nicht genug.

Wie viel Geld hat Musk?

Mal zur Einordnung: Ich bin jetzt ein recht gut ausgebildeter, nachweislich durchaus intelligenter Mensch, der auch bereit ist, anzupacken. Ich liege mit meinem Gehalt so ziemlich im Mittelfeld der Deutschen. Ich habe mit 27, nach meinem Studium, richtig angefangen zu Arbeiten und werde entsprechend rund 40 Jahre arbeiten. Vielleicht danach noch etwas. Mal sehen, wie die generelle Einkommensentwicklung in Deutschland so ist und wo ich noch so hinkomme, aber generell dürfte mein Lebensverdienst am Ende irgendwo im Bereich zwischen zwei und drei Millionen Euro liegen. Zwei Millionen wären ein Schnitt von 50, drei Millionen einer von 75.000 im Jahr. So far so good. Jetzt rechnen wir mal bei Musk der Einfachheit halber mit 400 Milliarden Euro Besitz. Und nehmen wir an, er kann sie für einen Bruttozinssatz von vier Prozent anlegen. Je nachdem, wo er sein Geld parkt, ist sehr viel mehr drin. Aber einfach mal so. Das macht dann SECHZEHN FUCKING MILLIARDEN EURO im Jahr an Einkommen. Oder 43,8 Millionen am Tag. Das heißt dann: Auch im besten Falle meines zu erwartenden Lebeneinkommens als deutlich überdurchschnittlich (aus-)gebildeter und intelligenter und ich denke ich darf sagen auch arbeitsbereiter Mensch wird er alle EEINEINHALB STUNDEN mehr Geld durch Nichtstun verdienen, als ich durch Arbeit in meinem gesamten verdammten Leben. Und das unter konservativen Annahmen für Besitz und Zinssatz. Ja, er hat dafür auch etwas getan, gar keine Frage. Aber es verdeutlicht doch, wie viel 400 Milliarden sind. Gut, ich bin ausreichend in marktwirtschaftlichem Denken behaftet, dass ich generell erstmal sage: Er hat einiges geschaffen (auch wenn ich nicht alles gut finde, vor allem das wie), er soll auch mehr haben. Aber dass die Zinsen von 1,5 Stunden den Lebensverdienst eines Menschen mit bester Ausbildung in einem der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder der Welt übersteigen, das ist nicht in Ordnung. Bei weitem nicht. Und jetzt fordert er nicht, dass man hier vielleicht mal seinen Teil am Gemeinwohl leisten solle, sondern NOCH mehr Belastungen für die normalen Arbeiter und NOCH MEHR Vergünstigungen für die, die ohnehin nicht wissen wohin mit ihrem Geld, so dass die Schere netto dann NOCH weiter auseinander geht? Gimme a Break!

Wenn es doch nur die AfD wäre…

Und jetzt kommen wir zum größten Problem: Wir haben festgestellt: Oligarchen wie Musk bestimmen offen wie verdeckt über Algorithmen, was in unserer Politik geschieht. Und sie nutzen das für ihre eigenen Ziele, bei weitem nicht für ein Vorankommen der Menschheit oder so etwas. Das wäre schon schlimm genug. Aber die anderen reden ihnen das Wort. Die CDU schwadroniert, sie werde „Leistungsträger entlasten“, also genau das tun, was Musk fordert. Die FDP würde sowieso am liebsten fünf Millionen Menschen in die Obdachlosigkeit entlassen und für notfalls zehn Cent am Tag arbeiten lassen, damit die Reichen noch etwas reicher sein können. Dabei natürlich Kündigungsschutz, Mieterschutz und dergleichen aufweichen oder abschaffen. Ein bissen USA für uns alle. Purer Sozialdarwinismus. Die SPD hat sich von ihren einst linken Positionen längst verabschiedet, hat die Agenda 2010 gestartet und damit Menschen ohne Job – egal aus welchem Grund – in ein entwürdigendes und zermürbendes Verfahren gepresst. Eins, das nachweislich viele Menschen psychisch krank macht und das einige Menschen, die ich persönlich kenne, in schwerste Krankheiten und letztlich nicht zu knapp sogar den Tod getrieben hat. Eigentlich widerstehen von den aktuell in Parlamenten vertretenen Parteien in Deutschland nur die Grünen und Linken (wenn wir Stadträte und EU-Parlament mitzählen auch die „Partei“) der Versuchung, hier einzustimmen.

Willkommen im Hamsterrad

Und wozu wird das führen? Wir werden natürlich genau das bekommen. Schärfere Sanktionen für Bürgergeldempfänger, dann vermutlich wieder als Hartz IV oder noch schlechter, mehr Steuern, mehr Überstunden für normale Angestellte, niedrigere Spitzensteuern und damit noch mehr Macht, noch mehr Geld, noch mehr Einfluss für die Hand voll Milliardäre. Und das nicht nur in Deutschland, denn natürlich geschieht das auch in anderen Ländern. Frankreich, Italien, Niederlande etc. Damit können die Jungs dann noch mehr Einfluss nehmen, was noch mehr Vergünstigungen gibt, noch mehr Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, noch mehr Politik in ihrem Sinne, noch mehr Umverteilung nach oben, noch mehr Macht, noch mehr… Und dann fragen wir uns, wo das hin führt. Nun, viele Menschen befassen sich mit dem Gedanken schon seit Jahrzehnten. Sie beobachten diese Entwicklung und denken sie weiter. Nicht wissenschaftlich, nicht mit Studien, sondern mit der größten Macht des Menschen, der Fantasie. Sie heißen Herbert, Asimov, Hamilton, Martin, Orwell, Suarez und so weiter: Science Fiction Autoren. Sie haben uns als Buch oder Film ganze Kosmen dystopischer Zukunftsvisionen geliefert, in denen ultrareiche Bosse über ganze Völker herrschen. Von Dune bis Armageddon-Zyklus, von Serien wie Altered Carbon und ähnlichen bis zu Filmen wie Time, Snowpiercer, Ready Player One und Elysium. Und ich denke, Genau das ist die Zielrichtung.

180 Grad falsch

Tatsächlich ist meiner Ansicht nach diese Richtung genau um 180 Grad falsch. Wir steuern auf eine Dystopie zu, auf eine kleine Elite, die die ganze Welt kontrolliert. Auf Szenarios wie in den beschriebenen Romanen, Serien und Filmen. Auf Oligarchen mit beinahe unbegrenzter Macht. Und das führt zu weltweitem Elend, zu (Bürger-)Kriegen und Gewalt. Was wir im Gegenteil bräuchten wäre ein Ausgleich. Wer etwas Besonderes leistet, der soll etwas davon haben, davon bin ich durchaus überzeugt. Aber nicht SO viel. Drei Nullen bei nem Musk wegstreichen und es wäre immer noch genug für die nächsten zehn Generationen. Und die hätten dann ja auch erstmal NICHTS geleistet. Wenn wir eine utopische Zukunft haben wollen, dann muss genau DAS das Ziel sein. Leistungsträger, die etwas von ihrer Leistung haben, aber im Rahmen. Wie man das macht: Ganz egal. Wir können die plakative Möglichkeit nehmen, ein Maximalvermögen festzulegen, keine Ahnung, 200 oder 500 Millionen, und wer das erreicht erhält die berühmte Plakette „Glückwunsch, Du hast den Kapitalismus gewonnen“ und von da an geht jeder Cent an soziale Einrichtungen oder den Staatshaushalt, vielleicht sogar an internationale Einrichtungen, die sozialen Ausgleich weltweit damit steuern. Oder wir führen ein Dutzend weitere Steuerstufen ein und jeder, der über ne Million verdient, zahlt dann für das darüber hinausgehende eben 90 oder 95 Prozent (hat aber vorher wesentlich weniger bezahlt und dann auch schon ein Netto von 300 oder 400.000 in der Tasche und ist damit ziemlich nachhaltig weg von Suppenküchen.) Natürlich wäre dann Kapitaleinkommen ganz normales Einkommen, das voll versteuert wird. Überhaupt: Die Abgeltungssteuer müsste noch heute rückwirkend abgeschafft werden!! Man kann über viele Dinge nachdenken. Aber wenn wir eine Zukunft als freie Gesellschaft haben wollen, als Demokratie, dann bleibt uns meiner Ansicht nach nur so etwas. Denn sonst ist der Gastbeitrag von Musk nur der erste Schritt. Und das Schlimme ist ja: Mann kann die Welt dafür kritisieren, das zugelassen zu haben. Und ja, das tu ich auch. Aber ich habe auch genug Musk erlebt und zu wissen: Notfalls zückt der sein Scheckbuch und fragt, was der Laden denn so kosten solle. Und da die meisten Zeitungen nur noch sehr bedingt profitabel sind, würde fast jeder Besitzer verkaufen und dann macht er es halt als Inhaber. Für die JournalistInnen wäre das dann wohl der Super-Gau. Ich würde jedenfalls sofort kündigen, denn so hart der Job jetzt schon ist: In einer Musk geführten Zeitung würde ich nicht arbeiten wollen.

Wir müssen die Oligarchie jetzt aufhalten oder werden in ihr versinken

Das Beispiel zeigt für mich ganz klar: Wir müssen jetzt gegensteuern, sonst wird das nix mehr. Superreiche sind fast immer ein Problem. Ein paar wenige rühmliche Ausnahmen gibt es. Ein Dietmar Hopp zum Beispiel hat unglaubliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und so weiter in seiner Heimat getätigt. Hat Straßen, Krankenhäuser, Schulen und Stadien gebaut. Und er wird in weiten Teilen Deutschlands sogar verteufelt, weil er es gewagt hat, seinen Jugendverein zu unterstützen und mit guter Arbeit hoch zu bringen. Übrigens: Heute trägt sich der Verein komplett selbst, im Kern hat Hopp die Infrastrukur (Stadion, Trainingsgeläde etc) gestellt und gute Leute in der Führung angestellt. Die Toptransfers wurden eigentlich alle mit Gewinn weiter verkauft. Aber das nur am Rande. Aber genau da sind wir heute. Die erlesene Hand voll der (einigermaßen) guten Reichen wie Hopp oder auch Kind (der immerhin ein Frontrunner der „Tax me now-Kampagne ist“) werden für ihr Engagement verteufelt (auch Kind im Fußball, bei Hannover 96, das er seit Jahrzehnten unterstützt und auch viel Energie investiert), die Blutsauger wie Musk, Bezos oder ähnliche werden gefeiert. Gerade von Rechts-Konservativen und Rechten, die meist eher geringe Bildung haben und am meisten unter den Klappspaten leiden (würden). Schöne neue Welt… oh, noch ein toller Scinence Fiction Roman. Also sagt nicht, Ihr wäret nicht gewarnt worden. Lesen bildet – auch Belletristik!

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