Vor nicht all zu langer Zeit schrieb ich hier, dass ich befürchte, dass der aktuelle Umgang mit KlimaschützerInnen dazu führen könnte, dass eine Radikalisierung bis hin zu echtem Terrorismus in (kleinen) Teilen der Szene entsteht. Seitdem habe ich die Demo in Lützerath am 14. Januar erlebt. Ich wurde Zeuge des – in meinen Augen – vollkommen unverhältnismäßigen Einsatzes der Polizei und habe danach einen langen Beitrag auf Twitter geschrieben. Der war ziemlich „erfolgreich“ und ist bis heute mein Tweet mit den meisten Likes und er wurde mehrere hundert Male geteilt. Darunter folgten Diskussionen, die mich nicht nur zwei Tage meines Lebens gekostet, sondern mich vor allem sehr erschreckt haben. Generell habe ich mich in dem Tweet darum bemüht, ausgewogen zu sein. Ich habe geschrieben, dass in meinen Augen die Polizei grundsätzlich einen guten Job macht, habe dargelegt, wo „wir“, also alle Demonstranten, die sich von der Demo selbst entfernt haben und Richtung Lützerath gegangen sind, uns falsch, sprich gegen die Regeln, verhalten haben. Aber ich habe eben auch beschrieben, wie ich das Vorgehen der Polizei gesehen und empfunden habe und dass ich es als komplett indiskutabel und unverhältnismäßig wahrnahm. Nun ergab sich ein interessanter Effekt in den Antworten. Gefühlt etwa fünf Prozent schrieben, dass sie es als wohltuend ausgewogen empfunden hätten. Etwa zwei Drittel antworteten sinngemäß, die Polizei hätte harter zuschlagen müssen und ich sei ein mehr oder minder Krimineller. Der Rest freute sich nicht etwa darüber, dass ich die Polizeigewalt in diesem Fall anprangere, sondern verurteilte mich dafür, dass ich bei anderen Demos wie in Hamburg (G20) oder ähnlichen, dies nicht tue. Etwas, das ich niemals machen würde, weil ich schlicht nicht vor Ort war und es ganz einfach nicht beurteilen kann. Zumal das Thema komplex ist. Wer hat angefangen? Welche Eskalationsstufen erfolgten von welcher Seite? Welche Historie haben unterschiedliche Gruppierungen? Dazu bin ich zu wenig im Thema. In der Folge wurden einige Kommentatoren durchaus ausfallend, während sich die Diskussion mit anderen in eine Richtung entwickelte, die mich erschreckt und mir zeigt: Wir sind viel weiter, als ich noch vor einer Woche dachte.
Gewalt als legitimes Mittel zur Erreichung der Ziele?!
Da schreiben einige Twitterinos sinngemäß, dass die Gewalt nicht nur akzeptabel sondern sogar wünschenswert sei, um Ziele zu erreichen. Einer führt als Belege die Stonewall Riots, die Suffragetten-Bewegung in Großbritannien und sogar Bürgerkriege wie Castro in Kuba, die Kurdenbewegung in Rojava und die Kämpfe verschiedener Indigener in Südamerika an. Nun lässt sich dagegen sicher vieles argumentieren. Die Tatsache, dass nicht die Stonwall-Riots, sondern die folgenden friedlichen Christopher Street-Days vermutlich, ebenso wie ein genereller gesellschaftlicher Wandel, ursächlich für heute LGBTQ-Rechte sind – übrigens in Europa, wo es keine Gewalt gab, oft sehr viel weitergehend als in weiten Teilen der USA – ließ er nicht gelten. Auch nicht, dass sich durchaus argumentieren lässt, dass Arbeitsniederlegungen und Hungerstreiks der Suffragetten sehr viel relevanter für die Erteilung des Frauenwahlrechts in Großbritannien war, als die vergleichsweise kurzen Episoden der Gewalt (Einschlagen von Schaufenstern, Anschlag auf das Parlamentsgebäude). Zumal in den meisten anderen Ländern der Welt, die in dieser Zeit Frauen das Wahlrecht einräumten, dies fast durchgehend friedlich geschah. Die anderen Beispiele finde ich noch viel absurder, immerhin ging es da nicht um organische Veränderungen einer Gesellschaft aus sich heraus, sondern um echte Bürgerkriege. All das halte ich für absolut indiskutabel.
Hoch lebe Clausewitz – NICHT!
Die Extremisten unter den Demonstranten (ich glaube, hier erübrigt sich das Gendern sehr weitgehend!) stehen damit im Endeffekt in der Tradition Carl von Clausewitz’. Der sagte „Krieg ist die bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“. In meinen Augen einer der schlimmsten und verheerendsten Sätze der Geschichte! Ein Satz, der am Ende die Geisteshaltung von Menschen offenbart, die gerade diese Demonstranten vorgeblich bekämpfen und ihre Denkweisen beseitigen wollen. Ich bin der Meinung: Es kann überhaupt nur eine Situation geben, in der der Einsatz von Gewalt zu rechtfertigen ist, nämlich im Falle unmittelbarer (!) Notwehr oder Nothilfe. Und hier ist immer auch auf die Verhältnismäßigkeit zu achten. Das gilt selbstverständlich für alle Seiten. DemonstrantInnen, Polizei aber auch Staaten. Darum ist die Gewalt der Ukraine auf eigenem Territorium und in (staatlicher) Selbstverteidigung meiner Ansicht nach auch völlig anders zu bewerten, als die Russlands. Und nein, ein „Präventivschlag“ ist im Normalfall keine Notwehrsituation. Egal, kommen wir zurück zu den Klimaschützern oder sagen wir: Der Klimaschutzbewegung. Denn ob die, die jetzt Gewalt befürworten originär Klimaschützer sind, oder „nur“ Gruppierungen, die schon vorher gegen den Staat an sich waren und sich jetzt nur beginnen, in der Klimaschutzbewegung ein „neues Spielfeld“ zu suchen, darüber lässt sich durchaus reden. Das Problem ist, dass viele gute Bewegungen sehr schnell von verschiedenen anderen Gruppen unterwandert werden. Nun ist gerade das Thema Klima eines, das sehr viele Wirkzusammenhänge aufweist. Klima lässt sich mit Ernährung in Zusammenhang bringen. Das heißt: Vegane Bewegungen sind sofort dabei. Es lässt sich auf soziale Diskrepanzen beziehen, auf Energieversorgung unsere generelle Lebensweise, Globalisierung und die Marktwirtschaft an und für sich. Das Problem: Die letzteren Punkte sind klassische linke Themen und ziehen zumindest potentiell vor allem eine Gruppe an: die gewaltbereite Linke. Klar, auch die sind immer und ausschließlich die Opfer in der eigenen Wahrnehmung. Und auch wenn es stimmt, dass ein Blick auf Ursache und Wirkung oft nötig wäre: Heute SIND sie gewaltbereit (was ja allein die genannten Aussagen zeigen). Doch zurück: Die kann hier ihren Kampf gegen Kapitalismus, gegen Globalisierung, gegen Finanz- und Geldsysteme und so weiter führen und auf neue Verbündete hoffen. Sie sind der Meinung: Gewalt ist zur Durchsetzung dieser in ihren Augen besseren Welt ein legitimes Mittel.
Gegenseitige Schuldzuweisung
Nun höre ich bereits den Aufschrei: Die Gewalt geht fast immer von der Polizei aus, es waren fast immer friedliche Proteste bis…. Du hast doch in Lützerath gesehen, wie sie agieren… Ja, ich habe das gesehen. Ich habe gesehen, dass die (wir) Demonstranten gegen die Verfügung verstießen und auf die Felder vor Lützerath zogen und ansonsten so weit ich es beobachten konnte, total friedlich waren. Ich habe gesehen, wie vor allem eine Gruppe Polizisten sich völlig ohne Not von einem erhöhten Standpunkt zurückzog, um dann „auszubrechen“, diesen Standort mit Schlagstöcken und Pfefferspray „zurückzuerobern“, um sich Minuten später wieder ohne erkennbaren Grund – ohne auch nur einen Angriff, den ich gesehen hätte – erneut zurückzuziehen und wenig später erneut mit Gebrüll, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstranten vorzugehen, die nur versuchten, in dem matschigen, glitschigen Gelände so schnell wie möglich weg zu kommen. Ich persönlich erachte das durchaus als veritable und vor allem komplett unberechtigte und unprovozierte Polizeigewalt. Und nein, ich bin generell niemand, der die Polizei über Gebühr angreift. Im Gegenteil! Das heißt nicht, dass ich keine Probleme sehe. Klar ist, dass Uniformen generell eine Anziehung vor allem auf Rechte haben. Klar ist auch, dass das Gewaltmonopol Leute anzieht, die gern… sagen wir „zupacken“. Und klar ist auch, dass viele psychologische Experimente zeigen, dass man mental sehr stark sein muss, um der Versuchung zu widerstehen, diese Machtposition gegenüber Anderen auszunutzen. Außerdem gibt es in der Polizei wie unserer gesamten Gesellschaft einen latenten Rassismus, von dem sich die wenigsten Menschen und eben spezifisch PolizistInnen frei sagen können. Das alles sind aber keine spezifischen Probleme der deutschen Polizei, sondern sind Polizeikräften (SoldatInnen, sogar Feuerwehrleuten etc.) überall auf der Welt mehr oder minder immanent. Ich bin der festen Überzeugung, dass die deutsche Polizei hier im internationalen Vergleich recht gut dasteht. Aber das ist letztlich nur ein kleiner Exkurs. Der entscheidende Punkt ist: Auf die oben beschriebenen Aktionen der Polizei reagierten Teile der Demonstranten mit dem Verschmutzen oder Beschädigen von Polizeiautos, mit dem Werfen von Schlamm auf Polizisten (Steine waren dort gar keine, mithin ist dieser Vorwurf ziemlich haltlos). Es flog mindestens ein Böller (den hab ich mitbekommen). Und jetzt greift folgender Reflex: Polizei, politisch Verantwortliche und Befürworter der Aktion aus der Bevölkerung sehen das und ignorieren Ursache und Wirkung. Plötzlich war das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt, weil es eben Schlammwürfe und die Beschädigung von Polizeiwagen gab. Ich will beides hier nicht verteidigen – den Böllerwurf schon gar nicht – kann aber sagen, dass ich die Reaktionen menschlich verstehen kann, wenn ich sie auch für falsch und dumm halte (und mich auch nicht daran beteiligt habe). Aber ich gebe zu: Als wir an einer langen Kette unüberwachter Polizeiautos vorbei gingen sagte ich zu meiner Freundin: „Wär doch cool, wenn jetzt 500 Demonstranten kämen und aus den Reifen die Luft raus ließen, ohne einen wirklich kaputt zu machen. Einfach damit die ein bisschen geärgert werden dafür.“ Und sie stimmte zu. Wir sind beide NULL gewaltbereit. Aber es fühlte sich so an. So ungerecht, so willkürlich, so nach Revanchegelüsten. Schwer zu beschreiben.
„Das war schon immer so – wir müssen kämpfen“
Und jetzt erlebe ich in sozialen Medien, dass eine kleine Gruppe der Ansicht ist, dass diese Dinge (also Schlamm, Autobeschädigung oder sogar der „Mönch“, der den Polizisten umschubst – ein Video das ich unfassbar lustig finde und sehr feiere, weil es die Stimmung zeigt, ohne im eigentlichen Sinne gewalttätig zu sein!) nicht nur nicht dumm und falsch, sondern im Gegenteil viel zu wenig gewesen seien. Sie behaupten, die Polizei habe schon immer ohne Grund zugeschlagen, habe schon vor Jahrzehnten Demos niedergeknüppelt und man müsse sich eben wehren. Denn schließlich sei Gewalt irgendwann das einzige Mittel, das bliebe. Nun, okay, machen wir mal ein Gedankenexperiment, begeben uns in diese Gedankenwelt und folgen danach der Logik. Nehmen wir dafür kurz die folgenden Dinge als Arbeitshypothese an:
a) Die Polizei ist stets darauf aus, alles, was gegen die aktuelle Gesellschaftsform und ihre Machthaber geht, mit Gewalt zu unterdrücken
b) DemonstrantInnen sind immer die Opfer, nie die Täter. Sie müssen sich schützen
c) Ziel muss es sein, die Polizei in ihrem Möglichkeiten der Unterdrückung zu schwächen
So, gehen wir mal logisch ran und beobachten exemplarisch, was in der öffentlichen Meinung passiert: Die Polizei geht – in Lützerath auch in meinen Augen – unverhältnismäßig vor. In den (sozialen) Medien tauchen danach Bilder von beschmierten und beschädigten Polizeiautos auf. Ohne zu erwähnen, dass teilweise dutzende Polizeiwagen mit nur einer Hand voll Polizisten als Wachen auf einem Haufen standen. Wenn die DemonstrantInnen gewollt hätten, wären diese paar Polizisten kein Hindernis gewesen. Egal, jedenfalls stellen sich Reul (in meinen Augen nicht nur der größte Unsympath der deutschen Politik, sondern hier auch an einem Punkt, an dem man sehr ernsthaft über Rücktritt reden müsste!) und co. jetzt hin und begründen das Vorgehen der Polizei nicht zuletzt mit eben diesen Dingen und verhindern so in letzter Konsequenz eine öffentliche Aufarbeitung. Ursache-Wirkzusammenhänge werden ignoriert oder gar umgekehrt. Nun werfen wir einen Blick in die Historie. Hat der Terror der RAF die Polizei geschwächt? Eher weniger. Er wurde als Begründung für die Genehmigung von Rasterfahndung, für Budgetaufstockungen und die Anschaffung schwerer Waffen genutzt. Außerdem wurden Spezialeinheiten wie die GSG9 zur Terrorismusbekämpfung (nicht zwingend der RAF, hier ging es um München und Terror der Palästinenser auf deutschem Boden in erster Linie) ins Leben gerufen. Auch personell war aufstocken das Gebot der Stunde. Es lässt sich also sagen: Der RAF-Terror hat die Polizei in Deutschland gestärkt. Außerdem waren die Menschen, die sich als potentielle Opfer des Terrors sahen, nicht nur bereit, Zugeständnisse in Freiheitsrechten zu machen, sie waren auch bereit, zuzustimmen, wenn die finanziellen Mittel erhöht werden sollten. Oder schauen wir auf 9/11. Hat das die USA geschwächt? Kaum. Als Reaktion wurde der Patriot Act erlassen, es kam zu einem riesigen Budgetsprung und einer massiven Ausweitung der Rechte von Geheimdiensten. Das Militär bekam zusätzliche Finanzspritzen und es wurde nicht nur Drohnenkrieg begonnen und immer weiter ausgeweitet, sondern auch weitere US-Basen im strategisch wichtigen Nahen Osten ge- und begründet. Auch hier: „Die Machthaber“ stärkten durch Gewalt ihre Position. Natürlich sind Lützerath und 9/11 nicht im Ansatz vergleichbar. Aber es soll verdeutlichen: Selbst krasseste Angriffe STÄRKEN das Sicherheitssystem und machen vor allem die breite Bevölkerung (und die ist in einer Demokratie wichtig) kompromissbereit was Budgets und Freiheitsrechte angeht. Niemand ist bereit, zu akzeptieren, dass die Polzei landesweit 100 schwere Wassserwerfer für ne halbe Million oder so das Stück braucht, und der Steuerzahler zahlen muss, wenn die 20 Jahre nur genutzt wurden, um Blümchen zu gießen, was ne Gießkanne aus dem Baumarkt für nen 10er ebenso könnte. Wenn sie jede Woche zum Einsatz kommen, um Steinewerfer „abzuwehren“ ändert sich das. Und solche Beispiele gibt es dutzendfach, während die Fälle, in denen es gelang, Regierungen zu stürzen, eher selten und wenn dann meist mit großen Verlusten erkauft wurden. Bei kurzen und relativ opferarmen Revolutionen würde ich die Französische Revolution und die Oktoberrevolution durchgehen lassen – wobei beide im Nachgang massive Säuberungen und Kriege brachten. Egal, der Punkt ist: Gewalt hat eigentlich immer den Status Quo zementiert und die Bereitschaft zur Kooperation verringert. In Israel hatten die Palästinenser während der Intifada die GERINGSTEN Rechte. Das beste Leben hatten sie im Friedensprozess zur Rabin-Zeit, als sogar der ursprüngliche Ober-Gewalttäter Arafat nen Friedensnobelpreis bekam. Seit es wieder Gewalt gibt hat sich das Leben massiv verschlechtert. Und dabei ist es egal, wer angefangen hat. Der erste Stein eines Palästinensers, so verständlich er auch sein mag, hat alle Rechte gekostet und dient im Innern wie nach Außen Israel als Rechtfertigung der „harten Hand“. Natürlich waren auch die Menschen in Israel sicherer, als man nicht Zäune, Gewehre und Flugzeuge einsetzte, sondern Worte. Aber das spiegelt die öffentliche Meinung nicht wider.
Unbedingte Friedfertigkeit ist der einzige Weg
Es gibt viele Beispiele, in denen friedfertige Revolutionen zum Erfolg führen. Seien es eben die LGBTQ-Rechte, die eben nicht ursächlich durch die Stonewall-Riots, sondern durch parlamentarische Arbeit, durch friedliche Präsentation beispielsweise in Christopher Street Days, durch Prominente die sich dafür einsetzten und so weiter errungen wurden. Und zwar lange nach den Straßenkämpfen. Beim Frauenwahlrecht waren es eher die Arbeitsverweigerungen durch die Frauen, als die Gewalt, die zum Umdenken bewegten. Auch bei den Arbeitnehmerrechten waren es eher linke Parteien wie die SPD (so sehr ich sie heute inhaltsleer und problematisch finde: Bis in die 70er hat sie sehr viel erreicht!) und die Arbeitsniederlegungen, also im Endeffekt ziviler Ungehorsam, der die „Mächtigen“ dazu zwang, Zugeständnisse zu machen. Die Gewalt bspw. Am 1. Mai hat meiner Überzeugung nach den Prozess eher zurückgeworfen. Wir haben Bürgerrechte in den USA, die durch einen friedlichen Martin Luther King in erster Linie oder eine Rosa Parks, die zivilen Ungehorsam geleistet hat, und viele weitere mutige Menschen errungen wurden (wenn auch bis heute sehr viel zu tun ist). Wir haben Gandhis Revolution, mit der er so weit möglich bzw. mit wenigen Ausnahmen gewaltfrei (wenn auch unter Opfern), Indien von den Briten befreit hat, was gewalttätig fast ausgeschlossen gewesen wäre. Zu oft sind Kolonien damit gescheitert. Wir haben die Gleichberechtigung in Europa und Nordamerika, die sich seit den 50ern ohne einen Aufstand enorm entwickelt hat und so weiter. Ja, solche Dinge brauchen Zeit und man kann argumentieren, dass der Klimaschutz diese Zeit nicht hat. Aber der Weg, dies zu lösen, kann nicht sein, den Status Quo wie oben beschrieben durch Gewalt zu zementieren. Einen größeren Bärendienst könnte man der Klimabewegung, auch und vor allem in der öffentlichen Meinung, nicht leisten. Wir leben – glücklicherweise – in einer Demokratie. Damit ist diese das am Ende alles Entscheidende, so wenig perfekt das System auch sein mag. Es ist ein Kampf um die Mehrheit. Viele Menschen sehen heute die Klimakatastrophe als real und die größte Aufgabe und Bedrohung gleichermaßen in der Geschichte an. Viele verstehen sie als existenzielle Krise. Jetzt geht es darum, diese Zahl erstens zu mehren und zweitens sie dazu zu drängen bzw. davon zu überzeugen, Dinge wirklich zu ändern.
Kommunikation statt Konfrontation
Das Beste, was wir heute für das Klima tun können ist, dafür zu werben. Im Freundes- und Bekanntenkreis. Immer wieder. Selbst wenn Widerstände kommen. Argumentieren, Fakten liefern und vor allem: Freundlich bleiben und Leuten nicht vor den Kopf stoßen! Erklärt, was kommt und zwar nicht mit Horrorszenarios sondern durchaus auch mit optimistischen Ausblicken. Informiert Euch über reale PV- und Windpotentiale (Spoiler: Die reichen LOCKER um Deutschland perspektivisch zu versorgen. Theoretisch auch kurzfristig. Wenn Gesetze geändert werden, Abstandsregeln fallen, Genehmigungen vereinfacht werden, Einspeisevergütungen nach niederländischem System (stromzähler läuft rückwärts) gestaltet werden und das Kraftwerksentgelt für Stromspeicher endlich fällt). Lest Bücher zum Thema und malt ein Bild einer Welt ohne Ruß, mit ruhigen Innenstädten, billigem Strom und einer positiven Welternährungslage, weil die meisten Menschen auf Fleisch verzichten und damit viel mehr Kalorien pro Fläche gewonnen werden können. Malt ein Bild, in dem die Welt dadurch so viel landwirtschaftliche Fläche spart, dass riesige naturbelassene Wälder sie bedecken. Redet davon, dass Deutschland sich energetisch komplett selbst versorgt und so von Importen von Energieträgern – Kohle, Öl, Gas – komplett unabhängig ist, ohne dafür eigene Ressourcen (wie Braunkohle im Rheinland oder Lausitz) auszubeuten. Informiert Euch über die Klimadividende in der Schweiz, die mit einem CO2-Preis eben NICHT arme Menschen über Gebühr belastet, sondern diesen sogar ein Einkommen bietet und zu sozialer Umverteilung führt – mehr, je HÖHER der CO2-Preis ist Beeinflusst in Eurer eigenen Szene und Umgebung – friedlich und freundlich – die öffentliche Meinung ein kleines Bisschen. Und ebenso wie jedes Gramm CO2 ein kleines Bisschen zur Klimakatastrophe beiträgt, trägt jede Meinung, die Ihr beeinflusst, ein kleines Bisschen zu deren Lösung bei. Greift Ihr statt dessen zu Gewalt, davon bin ich felsenfest überzeugt, stabilisiert Ihr den Status Quo und festigt die Strukturen. Mehr könntet Ihr die Krise nichtmal befeuern, wenn Ihr Altreifen im Garten abbrennt….